Es muss für Unwissende, die vor vier Wochen vom holländischen Tilburg nach Hilvarenbeek fuhren, ein seltsames Bild gewesen sein: Am Strassenrand standen große, gelbe Schilder mit dem Hinweis “Best kept Secret” und ein Pfeil, der zur Ausfahrt aufforderte. Um was für ein Geheimnis mag es sich dabei wohl gehandelt haben?
Wer dem Hinweis folgt, nimmt die Spur auf und landet kurz darauf in einem Ferien- und Safaripark, der den Namen Beekse Bergen trägt. Und genau hier, in dieser grünen und familiären Umgebung, fand im Juni zum erst dritten Mal das “Best kept Secret” – Festival statt, das seinem Namen durchaus Ehre erweist, wie es sich in diesem großzügig angelegten Park, zwischen den vielen Bäumen, versteckt. Unterkommen kann man während der drei Tage im Zelt auf dem Campingplatz, oder man mietet sich einen der Bungalows oder Wohn-Trailer an. Je nach belieben, weit zu laufen hat man in keinem Fall zum Festivalgelände, denn alles befindet sich innerhalb des schon genannten Ferienparks Beekse Bergen in etwa 15-20 minütiger Laufweite.
Durschreitet man das Einganstor zum Festivalgelände, erfreut man sich sofort an der Übersichtlichkeit: Während auf der rechten Seite die erste von insgesamt fünf Bühnen zu sehen ist, befinden sich links alle wichtigen Gegebenheiten: Infopoint, Schließfächer, Geldchip – Aufladestationen, Merchandise, Plattenladen. Es ist an so ziemlich alles gedacht und man muss nicht lange danach suchen. Weiter geht es auf dem Hauptweg, auf dem man die ersten Nahrungsstände passiert. Schnell fällt auf, dass hier auf Qualität geachtet wird. Viele der beliebten Foodtrucks stehen am Wegesrand und bieten allerlei kulinarisches und wenn überhaupt Fast Food, dann bestenfalls holländische Pommes oder Stände mit frischem Obst. Ansonsten: Alles, was das Futterherz begehrt und erfreulich wenig erschlagende Werbung.
Doch wir sind natürlich hauptsächlich wegen der Musik hier und die ist durchaus hochkarätig ausgesucht. Auf den fünf Bühnen geben sich dabei nicht nur große Namen den 6,3mm Klinkenstecker in die Hand, sondern auch exquisit ausgesuchte Newcomer und Namen, die man nicht auf jedem zweiten Festivalacker wiederfindet. Dazu eine handvoll Klassiker und das Lineup ist nah an der Perfektion. Ein bisschen Namedropping gefällig? An Headlinern kann man The Libertines, Noel Gallagher’s High Flying Birds und Alt-J in diesem Jahr nennen, in der zweiten Reihe nur knapp dahinter zum Beispiel Royal Blood, Death Cab for Cutie, Future Islands, Of Monsters and Men, Sohn, The Vaccines oder Temples… die Liste ist endlos lang, ebenso bei den fast Neuentdeckungen Wolf Alice, Waxahatchee, Kate Tempest, Metz, Mourn, Hookworms.. Bei den selteneren Festivalgästen in diesem Jahr ganz weit vorn: Radiohead-Gitarrist Jonny Greenwood mit seinem London Contemporary Orchestra, aber auch Hip Hop – Künstler wie Earl Sweatshirt oder A$AP Rocky. Als Klassiker vor Ort: Ride und The Jesus & Mary Chain und selbstverständlich gesellen sich dazu noch diverse lokale Acts, so dass am Ende eine Liste von nicht ganz 100 Künstlern zusammenfindet. Es gibt sehr viel zu entdecken auf dem Best kept Secret.
Das gilt übrigens nicht nur für das Line Up, sondern auch für das Gelände. Sehr natürlich fügen sich die fünf Bühnen in das Gelände ein. Die große Stage One steht am See, Bühne Fünf ein bisschen versteckt im Wald und die DJ-Bühne, Nr 4, befindet sich auf einer kleinen (beinahe-)Insel. Auf den Wegen dazwischen finden sich überall die schon benannten Food Trucks mit einer großen und teilweise orignellen Auswahl (schonmal Eis aus dem 3D-Drucker probiert?) und sogar eine Bierinsel gibt es. Was dazu noch sehr viel zur Atmosphäre beiträgt: Das ganze Gelände liegt in einem Wald, überall hängen hübsch beleuchtete Schaukeln in den Bäumen, die auch ausgiebig genutzt werden: Allein, zu zweit, zu viert. Es gibt alle Varianten. Und wer schon mal ein ganzes Konzert im Schaukeln verfolgt hat (so wie wir das bei der dänischen Band Mew taten), weiß, wie entspannt das sein kann. Überhaupt: Es geht hier ausgesprochen stressfrei zu, selbst zu den Headlinern kann man bequem ein paar Minuten vor Konzertbeginn in die ersten Reihen pilgern, ohne sich böse Blicke einzufangen, oder sich durchdrängeln zu müssen. Die etwa 45.000 Besucher sind entspannt und verteilen sich gut auf dem großzügigen Gelände dieser Oase.
Es ist schwer, im Nachhinein die Namen zu nennen, die den meisten Eindruck hinterlassen haben. Bei mir sind das mit Sicherheit Kate Tempest, die ausgesprochen gut aufgelegten The Libertines und die für mich spannendste Entdeckung des Festivals: Binkbeats mit seinen zahllosen Instrumenten und Gerätschaften (hier mal ein Video seines Covers von Atoms for Peace “Default” ansehen!), aber auch Wolf Alice überzeugten stark, wie auch die Spanierinnen von Mourn oder St. Paul & the Broken Bones mit ihrem Retro Soul.
Das BKS ist ein mittelgroßes, sehr gut organisiertes Festival mit einer ausgesprochen entspannten Stimmung unter den Besuchern. Es ist noch dazu hervorragend kuratiert und bietet ein liebevoll ausgesuchtes Line Up. Lediglich zwei Dinge gäbe es negativ anzumerken: Auf dem Gelände gibt es keinen Geldautomaten und wer seinen Geldchip am Armband aufladen möchte, muss jedes Mal dafür zum Eingangsbereich zurücklaufen. Ansonsten gilt für dieses Festival eine uneingeschränkte Empfehlung. (nsc)
2016 findet das Best kept Secret – Festival vom 17.-19. Juni statt und hier gibt es noch ein paar Impressionen aus diesem Jahr.
(Hinweis: Der Aftermovie vom zweiten Tag ist aus den üblichen Gründen für Deutschland bei Youtube gesperrt :-/ ).