Am 26. und 27. Mai findet im Hafenklang das Bite it Festival statt, gefeiert werden 25 Jahre Sounds Of Subterrania. Satte 13 Bands kommen auf die Bühnen, um ihrem Label zu gratulieren: Cellophane Suckers, Sewergrooves, The Monsters, Smokin’ Taters, Sha-La-Lee’s, Lo Fat Orchestra, Columbian Neckties, The Pill, Riverhead, Johnny Notebook, The Love, The Hara-Kee-Rees und The 50 Kaitenz. Heißt: Ganz viel Garage, Punk und Rock N Roll. Und noch viel, viel mehr. Wir haben bei Label-Gründer und Boss Gregor Samsa einmal nachgefragt.
Mal Organisatorisches zu Beginn: 6 bzw. 7 Bands an einem Tag im Hafenklang, spielt ihr nur im “großen” Club oder auch im Goldenen Saison? Und wenn ja: mit Überschneidungen oder muss man keinen Ton verpassen?
Du hast es genau richtig erahnt, das Festival wird abwechselnd beide Räume bespielen und wir werden auch dafür Sorge tragen, daß die Bands nicht parallel spielen werden.
Wonach habt ihr die Tage und Reihenfolge sortiert? Und was passiert neben den Shows?
Die Idee hinter dem Festival ist ja eine Besinnung auf meine Wurzeln im Garage Punk. Und als Fan und Zuhörer möchte ich eine gewisse Vielfalt dieses Genres sichtbar machen. Was neben den Shows passiert, wird sich zeigen, ein paar Kleinigkeiten sind geplant. Allerdings betreibe ich mein Label alleine und mehrere Releases stehen noch an, sodass ich schauen muss, was meine Kräfte zulassen.
Ist es eigentlich schwierig und anstrengend,13 Bands zu buchen oder hast du nur kurz “Bock?” gefragt und alle 13 Acts sagten direkt “Klar!”? Und gab/gibt es Bands, die du gern gehabt hättest, die aber nicht geklappt haben?
Die grundsätzliche Idee des Labelgeburtstages geht auf ein von Martin Rabitz und Annette Schalla organisiertes Festival zurück. Beide haben von 1996-2000 das großartige Motormania Festival veranstaltet. Ich empfand die  Garagenpunkscene damals als vielseitiger, viele Bands kannten oftmals nur das Gaspedal und so gab es eine besondere Dynamik, welche man heute kaum noch trifft. Und so reifte im Ursprung der Wunsch, all diesen mir wichtigen und oftmals vergessenen Bands wieder eine Plattform zu geben. Um ein paar Beispiele zu nennen, wir reden von den Bands ala TV Killers, No Talents oder auch Aerobitch. Leider hat die Zeit Spuren an vielen Bands hinterlassen, sodass ich diesen Plan zur Seite legen musste. Zum ersten Teil der Frage. Wenn man mit den Bands auf einem Level ist, ist die Organisation nicht anstrengend, da man dasselbe Ziel verfolgt. Wir sind ja erwachsen und können Termine schnell abstecken. Fast alle meine Labelbands verstehen und respektieren meine Arbeitsweise und freuen sich auch darauf einander wiederzusehen. So bekommt das alles etwas von einem Klassentreffen und das beflügelt natürlich die eigene Arbeit.
Natürlich hat man alle seine Bands und Kinder gleichermaßen lieb – aber gibt es doch die ein oder andere Band, auf du doch ein klein wenig mehr freust?
Das ist eine schwierige Frage, weil man natürlich andere Aspekte an den verschiedenen Bands schätzt und ich da nicht wirklich vergleiche. Ich kenne die meisten Leute mehr als 20 Jahre und sie sind Teil meines Lebens, meiner Entwicklung. Ich bin glücklich, wenn ich ihre Musik hören kann und wenn wir uns an der Bar über Wichtiges und Belangloses unterhalten können. Ich freue mich persönlich auf The 50 Kaitenz, da sie den weiten Weg aus Japan auf sich nehmen, nur um beim Festival dabei zu sein. Ansonsten spielen ein paar Bands, deren Mitglieder ich schon lange kenne, aber mit neuen Leuten neue Sounds spielen. Da bin ich sehr gespannt, weil ich selbst nicht weiß, was mich erwarten wird und was gibt es schöneres, als auf das eigene Festival neugierig zu sein.
Man liest in euren Mitteilungen, dass das Hafenklang Sounds of Subterranias Lieblingskonzertort sei – wieso?
Ein paar der Leute kannte ich schon bevor ich 2008 nach Hamburg zog, da sie für Amos (ein Künstler vom Label) eine Sänfte gebaut und ihn vor dem Auftritt beim Fusion über das Gelände getragen haben. Ich kenne wenig Leute, die mit solcher Hingabe sich auch in den Dienst von unbekannten Bands stellen. Als ich dann in Hamburg aufschlug, hat mich die Crew des Hafenklangs mit offenen Armen aufgenommen und dies hat mir schnell geholfen, Fuß zu fassen. Das Hafenklang hat in Verbindung mit dem Goldenen Salon die genau richtige Größe für Shows. Ich mag auch die Vielseitigkeit des Bookings und die nicht rein kommerzielle Auslegung. Da wird keine Band rausgefegt, weil danach die Disko das Geld einspielt. Es sind viele Kleinigkeiten, die ich hier schätze.
Was erwartest du dir noch von dem Wochenende, abseits der Konzerte?
Wie bereits erwähnt, freue ich mich auf alte Freunde und Wegbegleiter. Meistens ist man aber an den beiden Tagen wie in einem Tunnel und hat dann doch weniger Zeit für längere Gespräche. Die 25 Jahre Label haben mir gezeigt, dass Erwartungen, die über den Genuss des Moments hinausgehen, auch den Sinn für die Realität verstellen. Wenn also nach dem Wochenende die Idee, die ich mit dem Label verfolge mehr Widerhall findet, würde mich das sehr freuen.
Es stehen noch einige Veröffentlichungen an und ich werde weiter meinen kleinen Vertrieb ausbauen. Je älter ich werde, umso mehr wird mir die Notwendigkeit des Wiederaufbaus subkultureller Strukturen bewusst. Ich bin sehr oft am Überlegen, wie wir wieder ein solidarisches Miteinander organisieren können. Viele der Begriffe, die einen Zusammenhalt beschreiben sind ja inflationär benutzt und ausgehöhlt wurden. Das stört mich sehr, weil dadurch natürlich alternative Strukturen beschädigt wurden und permanent werden. In den letzten Jahren hat sich fast flächendeckend eine reine Kosten Nutzen Rechnung von Musik etabliert, die weniger Experimente zulässt. Alles ist darauf angelegt, dass es sich wirtschaftlich rechnen muss. Zudem besteht gerade jede Nuance an Subkultur einen eigenen schützenswerten Status, anstatt die Unterschiede als gemeinsame Stärke zu betrachten, fuhrwerkt jeder für sich was zurecht. Man kann auch sagen, dass neoliberales Denken ein großer Bestandteil westlicher Subkultur geworden ist. Das zu hinterfragen und Mitstreiter gegen diese Entwicklung zu finden, sehe ich als eine meiner Aufgaben an.
Sie ist ähnlich wie die Frage eben, weil sicher alle Platten wichtig und toll für dich sind – aber welche Releases der letzten 25 Jahre liegen vielleicht besonders am Herzen oder sind wichtiger als andere?
Ich bin am meisten an Zerwürfnissen mit Bands gewachsen, denn diese haben mir geholfen genauer Stellung zu beziehen und mir zu überlegen, was ich eigentlich will. Special Editions sind in Bezug auf Platten natürlich immer was Besonderes, weil man viel handwerkliche Fähigkeiten erlernt und Dinge gestaltet, die andere für unmöglich halten. Auf der anderen Seite hat mir jede einzelne Band mit jeder einzelnen Platte die Chance gegeben, selbst zu wachsen und zu lernen. Ich sehe  ja ein Label als einen Wegbegleiter für Bands und der Menschen die in ihnen spielen. Und Platten sind da nur ein Fragment.
Welche Frage hätten wir dir noch stellen sollen und wie wäre die Antwort darauf?
Da gibt es viele Fragen und ein weiteres Gespräch wäre da vielleicht angebrachter, generell brauchen wir wieder mehr selbstkritische Auseinandersetzung mit unseren eigenen Rollen und Positionen. Mehr Hinterfragen von Fehlern und weniger Schönreden. Wir müssen den Selbstzweck durchbrechen und uns wieder genauer positionieren. Also wenn mich eine Frage umtreibt, dann ist es die, warum wir alle so verdammt selbstgefällig geworden sind, ab wann wir uns korrumpiert lassen haben und wie wir diese Entwicklung stoppen und vielleicht sogar umdrehen können. Die Antwort darauf können wir nur gemeinsam finden.
26. und 27. Mai | Hafenklang | Bite it Festival
Interview: Mathias Frank
26.5. Freitag:
Smokin’ Taters (DE)
Sha-La-Lee’s (BE)
Lo Fat Orchestra (CH)
Columbian Neckties  (DK)
Cellophane Suckers (DE)
The Monsters  (CH)
27.5. Samstag:
The Pill (DE)
Riverhead (DK)
Johnny Notebook (DE)
The Love (BE)
Sewergrooves (SE)
The Hara-Kee-Rees (DE)
The 50 Kaitenz (JP)