livekritik.de präsentiert den Chor des Monats: August.
Wie jeden Monat an dieser Stelle unser „Chor“, der Rückblick auf die Konzerte der letzten Wochen. Hier nun ein Querschnitt aus dem, was in Hamburg im August los war:
*** Peaches (09.08., Kampnagel) – Die Königin des Electroclashs war zu Gast und ihre Untertanen rastete aus. Zweifache Sektdusche, die obligatorischen Brust- und Penis-Kostüme und ein Publikum, das aus vollem Hals „F*ck The Pain Away“ brüllt und zur Zugabe „Private Dancer“ die Bühne zum Schwofen stürmt – wer nach diesem Konzert nicht zufrieden war, dem ist auch nicht mehr zu helfen. Oder er hat Peaches nicht verstanden. (mu) *** Beatsteaks (10.08, Markthalle). Alle Jahre wieder, alle wollen hin, nur wenige haben das Vergnügen. Die Beatsteaks spielten eine ihrer legendären Aufwärm-Shows in der Markthalle und obwohl sie weder Außergewöhnliches leisteten oder übermäßiger als sonst motiviert waren, wurde es eine große Sause Spaß und Schweiß. 20 Minuten Pflichtprogramm mit neuen Songs, danach Hits, Hits, Hits und fünf monsterliebe Berliner. Beatsteaks eben, alle Jahre wieder großartig. (mf)
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Beatsteaks (10.08., Markthalle) Die Band war mal wieder bestens aufgelegt. Mit ganz feiner Setlist im Gepäck natürlich, und auch die neuen Songs haben super funktioniert. Club Konzerte der Beststeaks sind halt einfach großartige Unterhaltung. Schön immer Vollgas-Punk’n’Roll. (KW) *** Conor Oberst (11.08., Fabrik) Er war gut drauf, hatte mit Dawes eine großartige Vor- und Begleitband, trank, sang und erzählte. Über zwei Stunden lang. Inklusive „Lua“. Bitte, bitte, Conor, komm bald wieder! (eh) *** Bill Callahan (12.08., Mojo Club) Unter die Lo-Fi-Nerd-Gemeinde, die Bill Callahan definitiv seit SMOG-Zeiten kennt, mischt sich an diesem ausverkauften Abend ein durchaus jugendliches Publikum. In der reduzierten Atmosphäre des Mojo Clubs wirkt Bill Callahan wie perfektes Inventar: So geheimnisvoll, so seltsam und doch so verbunden. Die von vielen erwartete düstere, wortkarge Show bleibt aus. Dem Singer-Songwriter-Support Alasdair Roberts folgt eine zweistündige Jam-Session. Die präzise Band, die ausladenden Song-Interpretationen und die so eindringliche Stimme und Ausstrahlung des zynischen Protagonisten lässt das Publikum entrückt zurück. Nachdem er die Band vorgestellt hat, beantwortet Bill Callahan passend dazu die Frage, wer er sei mit: „I would have told you – if I had known“. (acr)
*** Arkells (13.08., Knust) Im Rahmen der Knust acoustics-Reihe hatten die Hamburger das Glück, die Kanadier for free erleben zu dürfen – und das gleich zweimal an einem Abend. Zuerst vor dem Knust auf dem Lattenplatz akustisch und anschließend noch einmal im Laden mit (teilweise etwas wackeligem) Strom. Das war ein riesiges Vergnügen. Die Band stellte ihre neue Platte „High Noon“ vor und entgegen dem erwarteten eher ruhigen Konzert, erfuhren wir Power a la Arkells. Mit Soul und Inbrunst bereiteten sie uns am frühen Abend open air auf das vor, was da anschließend im Club noch kommen sollte. Und das war schweißtreibend und glücklich machend. Der Laden kochte. Und die gute Nachricht zum Schluss: im Dezember kommen die Arkells schon wieder. Dann sicher auch nach Hamburg. Alle hin da! Einmalig und großartig!! (cR)
*** Clueso (14.08., Rolf-Liebermann-Studio) Das N-Joy Studiokonzert mit Clueso war wie erwartet: 90% weibliches Publikum, ein gut gelaunter Udo Lindenberg mit Gastauftritt und ein hochmotivierter, mit neuer Energie aufgeladener Clueso mit ebenso engagierter Band. Wie erwartet heißt in diesem Fall aber auch: Einfach sehr, sehr schön. (mu) *** Talking To Turtles (15.08., Goldmarie) Kopfhörerparties kennt man ja schon, Konzerte via Kopfhörer lauschen jedoch nicht. Talking To Turtles feiern ihren Albumrelease in kuscheliger Atmosphäre und präsentieren an dem Abend einmal komplett ihr Album. Konzerte mit Kopfhörer nun bitte öfter! (dr) *** Jacques Palminger & das 440Hz Trio (20.08., Kanalspielhaus Flora) Für das Kampnagel Sommerfestival wurde die Rote Flora auf dem Gelände nachgebildet und zum Kanalspielhaus Flora. Das 440Hz – Trio (eigentlich ein Quartett) um Ex-Stern Richard von der Schulenburg und Sängerin Lydia Pfefferkorn bilden die musikalische Jazzgrundlage, über die Palminger seine kuriosen Geschichten erzählt. Diese sind meist brüllend komisch, aber was erwartet man von einem Studio Braun-Drittel auch anderes? Und trotzdem: Schön sind die Momente, in denen Palminger selbst tatenlos dabei sitzt und seine Band anstrahlt und so ganz offensichtlich glücklich in diesem Projekt aufgeht. Da würde man gerne viel öfter zusehen dürfen. (nsc) *** Bondage Fairies ( 22.08., Molotow Exil) Die coolsten Maskenmenschen neben Daft Punk lieferten ihre 8-Bit-Electropunk-Bretter ab, ließen Bier über ihre Körper laufen und spielten ein Zugabenset, das fast länger dauerte als das eigentliche Konzert. Da hat sich in den letzten Jahren auch nichts geändert. Zum Glück. (mu)
*** Die Sterne (22.08., Kampnagel Music Hall) Die Sterne präsentieren ihr neues Album im Umfeld des Kampnagel Sommerfestivals und spielen die neue Platte komplett durch. Dazu gesellen sich Gäste wie Zucker, Der Bürgermeister der Nacht, Frau Kraushaar und Schnipo Schranke, die allesamt auch eigene Songs zwischendurch einwerfen. In der Zugabe gibt es noch ein paar Die Sterne-Hits, die an diesem Abend leider seltsam kraftlos wirken. Ein etwas durchwachsener Abend. (nsc) *** Trümmer (23.08., Hanseplatte) “Wie siehts jetzt in Hamburg aus? […] Alle paar 100 Jahre kommt einer wie ich und nimmt Dich mit” (Tomte). Trümmer könnten dieser neue Eine in der Tradition Hamburger Bands sein, die etwas zu sagen haben. Sie haben eine tolle Debütplatte hingelegt und wissen, wie man die Songs auf die Bühne bringt. Man darf gespannt sein, wie sie am kommenden Sonntag den Support für die Editors im Stadtpark meistern werden und großes erwarten. (nsc)
*** Niels Frevert (28.08., Michelle Records) Ein bisschen beängstigend war das im Vorfeld schon, da der Auftritt als erstes Schaufensterkonzert sogar mit Plakaten beworben wurde. Dementsprechend war der Laden auch ausgesprochen gut gefüllt. Eine halbe Stunde spielte und Niels Frevert Songs der neuen, und von alten, Platten vor und zeigte einmal mehr, dass er zu den besten Textern im Land gehört. Einfach nur toll. (nsc) *** Beginner (29.08., Rote Flora) Die Beginner spielen zum 25. Jubiläum der Roten Flora gratis in der Selbigen und feiern eine riesengroße Party. Auf dem Schulterblatt grooven Dank der Übertragung nach draußen dazu mehrere tausend Menschen entspannt aber euphorisch zu Hamburgs wichtigster und gleichermaßen Deutschlands bester HipHop-Band. Gut zu wissen, dass die Beginner nach all den Jahren nie an Relevanz verloren haben, weil sie damals eben auch einfach zeitlose Reime geschrieben, fette Beats gebastelt und schlaue Worte gefunden haben – und vor allem keine Idioten geworden sind. Im Gegenteil: Sie sind halt immer noch die derbsten! (KW) *** Beginner (29.08., Rote Flora) Angekündigt, abgesagt, wieder angekündigt. Am Ende durften gut 500 nassgeschwitzte & glückliche Besucher in die völlig überhitzte Rote Flora hinein, während draußen vor der Tür gut 9000 Besucher eine riesige, und vor allem friedliche Party, feierten. Die Beginner hatten als Gäste Samy Deluxe und Ur-Beginner Platin Martin dabei, zelebrierten zum Abschluß noch zwei Tracks auf dem Vordach der Flora und fast 10.000 Hamburger erlebten einen legendären Konzertabend zum 25.Jubiläum der Roten Flora. Von hier aus alles Gute ans Schulterblatt! (nsc)
