Als Fan von Wolf Alice hat man es nicht leicht. Nach ihrem gefeierten Album „Blue Weekend“ legte die Band erstmal eine längere Pause ein. Vier Jahre später melden sich die vier Londoner nun mit „The Clearing „zurück – diesmal mit einer lässigen Siebziger-Nonchalance und einem namhaften Produzenten im Rücken.
Seit einigen Wochen ist das Album draußen, und ich habe mir bewusst Zeit genommen, es auf mich wirken zu lassen. Mein Fazit: „The Clearing“ braucht mehrere Durchläufe, um seine subtile Schönheit vollständig zu entfalten. Es ist ein poppiger Richtungswechsel für eine Band, die man bisher vor allem mit lauter Rockmusik verband. Doch dieser Wandel zeichnete sich meiner Meinung nach schon auf den Vorgängeralben ab – ruhig, subtil, eher im Hintergrund. Jetzt aber lässt die Band diesen atmosphärischen Piano-Elementen bewusst Raum. Besonders hörbar wird das in Songs wie „The Sofa“, „Just Two Girls“ oder „Play it Out“.
Bereits kurz nach der Veröffentlichung spaltete das Album die Fan-Community. Die Reaktionen reichten von Begeisterung bis hin zu bitterer Enttäuschung – eine ähnlich polarisierende Stimmung habe ich zuletzt beim Arctic-Monkeys-Album „The Car“ erlebt. „The Clearing“ klingt reifer – und erwachsener. Während „Blue Weekend“ noch von exzessiven Nächten in den Zwanzigern erzählte, widmet sich „The Clearing“ nun Themen jenseits der 30: Elternschaft, Rückzug und die Leichtigkeit eines schlichten Lebens. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in meinem eigenen Leben wider – vielleicht trifft mich das Album gerade deshalb so sehr. Wer die Band vor allem für ihren wilden Gitarrensound schätzt, wird sich mit „The Clearing“ womöglich schwerer tun. Doch wer bereit ist, sich auf diese neue, reifere und emotional tiefere Seite von Wolf Alice einzulassen, wird sie genau dafür lieben.
Ich hatte das Glück, Wolf Alice schon mehrfach live zu erleben – und kann es jedem nur empfehlen. Am 7. November spielen sie in der Georg-Elser-Halle. Und ganz in der Stimmung von „The Clearing“ mache ich es mir bis dahin auch gemütlich – zurückgelehnt auf dem Sofa. (ea)
Foto: Rachel Feminger Hudson