Vorweihnachtsstress? Was ist das? Kennen wir nicht! Wir konzentrieren uns auf das Wesentliche. Es ist Konzert-Hochsaison. Wenn’s draußen dunkel und kalt wird, zieht es alle wieder in die Clubs der Stadt, Musiker und Fans. Unser „Chor des Monats November“ gewährt einen interessanten Blick in den Rückspiegel:
*** Biffy Clyro (4.11., Sporthalle) Grandioses Licht, überragende Lieder und ultra-sympathische Leute auf der Bühne – selbst der anfangs wirklich schreckliche Sound konnte das Konzert nicht zerstören. Zwei Stunden Biffy Clyro, zwei Stunden Zufriedenheit. (mf) *** Glass Animals (5.11., Mojo) Gerade mal zwei Alben draußen und schon so viele Hits! Kein Wunder, dass der Mojo Club an diesem Abend aus allen Nähten platzt. Während die Songs auf Konserve eher ruhig daher kommen, spielt die Band live ihr gesamtes Potential aus. Da wird vom ersten Takt an getanzt, gegroovt und geschmachtet – im Publikum und auf der Bühne. Sänger Dave Bayley stellt währenddessen mehrfach seine Entertainer-Qualitäten unter Beweis und ertrinkt hinterher sichtlich begeistert im tosenden Beifall. Mitreißend bis zum Schluss! (dar) *** Minor Victories (6.11., Markthalle) Erstaunlich, wie unterschiedlich Bands wirken können: Im Sommer, beim Best kept Secret-Festival in Holland, waren die Minor Victories, dieses Kollektiv aus Musikern der Editors, Mogwai und Slowdive, eine herbe Enttäuschung: Mieser Sound und eine Band, die wie zufällig nebeneinander agierte. Ganz anders in der, leider schlecht besuchten, Markthalle: Druckvoller Sound, Bühnenpräsenz und Spaß auf der Bühne überzeugten voll & ganz. (nsc)
*** Palace & Beach Baby (10.11., Molotow) Beach Baby, das hat sich noch nicht so sehr herumgesprochen, sind in sehr langer Zeit eine der besten Indiebands überhaupt. Punkt. Leider kommen sie auf ihrer Tour nur als Support mit Palace nach Hamburg, aber das ist besser als nichts und so cruisen Beach Baby live einmal quer durch ihr Hit-gespicktes Album, um mit der Frechheit an Ohrwurm namens „Limousine“ ihr tolles Set zu beenden. Palace als Hauptact im Anschluss klingen ein wenig nach Coldplay und noch mehr nach den Maccabees. Das machen sie auch sehr gut, wenn gleich sich über den Abend doch eine gewisse Wiederholung in ihren Songs einstellt. Aber definitiv schon schlimmeres gehört. (nsc) *** Young Guns (10.11., Logo) Die britischen Alternative-Rocker haben so richtig abgeliefert. Das kleine Logo war nicht ausverkauft aber gut gefüllt. Und zwar mit richtig treuen Fans, die teilweise sogar bereits am Vorabend auf der Köln-Show mit Young Guns gefeiert hatten. Die Band jedenfalls ließ keinen Zweifel daran, dass Sie dafür absolut dankbar sind und waren richtig nah dran an den Fans. Sie rockten nicht nur für sie sondern mit ihnen. Es war ein fantastischer Abend. (cR)
*** Messer (12.11., Molotow) Ist die Hamburger Schule männlich? Trotz Münsteraner Band, alles da was zur Hamburger Musikszene gehört, einschließlich Label Trocadero. Weibliche Besucherinnen in der Unterzahl. Die Band in Bestform, proppevoll der Laden, und alle so: nochmal. Dieses Jalousie Album ist (besonders live) einfach bester Post-Punk. (tk) *** Banks + Steelz (14.11., PHBF Club, Berlin) Wenn sich zwei so unterschiedliche Bands wie Interpol und der Wu-Tang Clan zu einem gemeinsamen Projekt treffen, kann das schwer in die Hose gehen, doch das Album von Paul Banks und RZA funktionierte erstaunlich gut. Live hingegen entäuschte der Abend: Kein Support, nur 50 Minuten Spielzeit und der mieseste Sound, den ich in Jahren gehört habe. Und das für schlappe 30€ Abendkasse. Trotz großer Erwartungen, leider mein Flop des Jahres. (nsc) *** Jimmy Eat World (15.11., Große Freiheit 36) Da müssen sie gar nicht viel reden. Da können Sie auch aussehen wie vor 20 Jahren. Sie können auch viele Songs spielen, die nur so ganz nett sind. Sie machen einen trotzdem glücklich. Sie haben einen glücklich gemacht an diesem Abend in der rappeldicken Großen Freiheit 36. Mit „Get Right“ und „Bleed American“, mit „The Middle“ und „Pain“, mit „Lucky Denver Mint“ und so viel mehr. (mf)
*** Jacques Palminger & das 440Hz Trio (16.11., Fabrik) Das erstaunlichste an den Jazz-Konzerten mit Jacques Palminger dürfte immer wieder sein: Sie funktionieren! Klar, Jacques Palminger erzählt über die Musik seine oft merkwürdigen bis skurilen und meist lustigen Geschichten, aber im Mittelpunkt steht trotzdem ganz klar die Musik des 440Hz-Trios (das in Wahrheit längst ein Sextett ist). Immer wieder räumt Palminger den Platz in der Mitte der Bühne, um seinen Mitmusikern den wohlverdienten Raum zu geben, jeder bekommt ausgiebige, oft humoresk gespickte, Soli, einige singen auch ganze Songs und Carsten ‚Erobique‘ Meyer kommt als Gast hinzu. Da ist so viel Spielfreude auf der Bühne – und immer auch im Gesicht von Jacques Palminger – zu sehen, dass es eine wahre Freude ist daran teilhaben zu dürfen. Ganz großer Abend! (nsc)
*** Hundreds (16.11., Gruenspan) Die Geschwister Eva und Philip Milner liefern, unterstützt von einem Live-Schlagzeuger, ein hoch atmosphärisches Set ab und lassen bei all der Melancholie das Tanzbein nicht zu kurz kommen. Die Songs vom neuen Album “Wilderness” klingen druckvoller als je zuvor und flirten sogar zuweilen mit dem Pop – der Erhabenheit des Auftritts macht dies jedoch keinen Abstrich. Währenddessen fällt mir auf, wie die Venues für Hundreds im Laufe der Zeit immer größer geworden sind. Genau so muss das: Ehre, wem Ehre gebührt! (dar)
*** Uns Ove & Oich Thomas (17.11., Menschenzoo) Bereits seit ein paar Monaten bespielen der Singer/Songwriter OVE und der Poetry Slammer Thomas P. Langkau einmal monatlich den Menschenzoo auf St. Pauli und geben ein per Publikums-Zufallsgenerator erstelltes Programm wieder. Die Mischung macht es aus und so stehen traurige Geschichten neben fröhlichen Songs, oder auch andersrum, je nachdem, was das Publikum aus dem Lostopf zieht. Dazu wird Geld für den guten Zweck gesammelt. Im Januar wird die Reihe fortgesetzt, wir werden rechtzeitig darauf hinweisen. (nsc)
*** The Slow Show (17.11., Knust) Voll war’s – öange im Voraus ausverkauft, bei diesen Songs und dieser Stimme aber auch kein Wunder. Das aktuelle Album „Dream Darling“ im Gepäck und gefühlt jedes Lied ein Hit. Gänsehaut pur, trotz der subtropischen Temperaturen. (dr) *** JPNSGRLS | Fizzy Blood | Area 52 (18.11., Hoxton Square Bar, LON) Area 52 haben die meisten Zuschauer an einem Freitag Abend in Shoreditch. Am Ende ist klar warum, die fast Girl-Group haut mit klarer Gitarrenrotzung alle um. Kommt nach Hamburg! Dagegen sehen Fizzy Blood zwar böse aus, Musik aber eher mittel, irgendwas zwischen Indierock und Punk? Die eigentlichen Headliner JPNSGRLS überzeugen mit grandiosem Garage-Pop-Rock. Ein lasziv tanzender Frontmann macht das Ganze leider eher schlechter.(tk)
*** Radical Face (19.11., Uebel & Gefährlich) Radical Face waren mal wieder in Hamburg um ihr neuestes Album vorzustellen. Es ist schon das 4. Album der Reihe ”The Family Treeâ€, passenderweise mit einer Reihe beleuchteten Bäumen auf der Bühne, sehr hübsch anzuschauen. Musikalisch wie immer schöne, ruhige Songs und der Hit ”Welcome Home†durfte selbstverständlich auch nicht fehlen.(dr) *** Peaches (25.11., Uebel&Gefährlich) Die Päpstin im Bunker, Vaginas und Brüste als Kopfschmuck und Umhang. Spritzende Sektflaschen. Musik aus der Konserve, die sehr sehr echt rüber kommt und bis zur hintersten Reihe alle zum Tanzen bringt. Lady Fuck-the-pain-away, in Höchstform. Liebe! (tk)
*** Die Höchste Eisenbahn (26.11., Uebel & Gefährlich) Trainspotting vom Feinsten: Deutschlands beste Popband, Indietruppe, Musikkombo, Textkollektiv und alle weiteren Superlative auch. Nicht grundlos war die Show im Uebel & Gefährlich schnell restlos ausverkauft und die Herren Krämer, Wilking, Schröder und Weigt lieferten bestens ab. Nächster Halt am 19.2. in der Große Freiheit 36. Nicht verpassen! (nsc) *** Cavalera Conspiracy (27.11., Docks) Roooooots! Bloody rooooooooots! Die Neunziger waren musikalisch gar nicht verkehrt, wenn man nur die richtigen Bands gut fand. Sepultura haben mit Roots ein cooles Album und einen ikonischen Schlachtruuuuf in die Welt gesetzt. Und der macht 20 Jahre später immernoch Spaß. Genauso wie Max Cavalera, dessen armdicke Dreadlock mindestens genauso alt sein muss und mitlerweile sicher als Waffe eingesetzt werden kann. Das Roots Album wurde zwar nicht ganz so 1:1 durchgespielt, wie angekündigt und die Zugabe, wo man auf weitere alte Brecher, wie z. B. Chaos A.D., hoffte, fiel ziemlich lasch aus. Ein Ace Of Spades Cover braucht nun echt kein Mensch. Aber das ist meckern auf hohem Niveau, denn der Abend war geil. Sehr. Geil. Moshpits, Circle Pits, Crowdsurfer, eine Wall Of Death zum Abschied. Und das Gefühl, nochmal 17 zu sein. (df) *** Ignite (28.11., Knust) Sie haben „In My Time“ gespielt! Den besten Ignite-Song der Welt. Dazu gab’s im ausverkauften Knust Klassiker wie „Bleeding“, zum Glück auch „Sunday Bloody Sunday“, ein bisschen zu viel Midtempo-Hardcorerock und einen redseligen, wütenden, traurigen, dankbaren und hoffungsvollen Zoli. Stark. (m)